Daniel Pulver | Nationaltrainer

«Wenn Tagesform und Wettkampfglück stimmen, können wir Weltmeister werden»

Nationaltrainer Daniel Pulver führt das Swiss-Powerchair-Hockey-Team zum ersten Mal an einer Weltmeisterschaft an. Der 53 Jahre alte Berner spricht über seine Motivationskünste, sein ambitiöses WM-Ziel und über einen richtungsweisenden Schweizer Sieg gegen den mehrfachen Weltmeister Niederlande.

Seit wann sind Sie als Nationaltrainer bei Swiss Powerchair Hockey tätig und wie sieht Ihre Erfolgsbilanz in dieser Zeit aus?
Daniel Pulver: Seit Januar 2021. Zuvor bin ich acht Jahre lang Assistenztrainer des Swiss-Powerchair-Hockey-Teams gewesen. Als Cheftrainer habe ich kaum Zählbares vorzuweisen. Als Assistenztrainer verpasste ich den Einzug in den WM-Halbfinal (2018, die Red.) beziehungsweise in den EM-Halbfinal (2016) nur knapp.

 

Verraten Sie uns bitte Ihren Spitznamen?
Mein Spitzname «Mister» gefällt mir sehr. Er resultiert aus meiner Zeit bei YB und beim Fussballklub Basel, wo ich als Assistenz-, Konditions- und Rehatrainer gearbeitet habe. Ich bin ein erfahrener Fuchs mit grauen Haaren (schmunzelt). Ein Denker mit klaren Strukturen und Regeln.

 

Wie motivieren Sie Ihr Team – was ist dabei die grösste Herausforderung?
Ich bemühe mich, den Spielern ein positives Bewusstsein für ihre Stärken zu vermitteln. Wir orientieren uns dabei an einer Pyramide. Zuunterst befinden sich die Porträtbilder und Namen der einzelnen Spieler und des Trainerstaffs. Zuoberst thront der WM-Pokal. Dazwischen hängen Zettelchen. Diese sind mit Tugenden versehen, die wir brauchen, um Weltmeister zu werden – Moral, zum Beispiel, Kampfkraft und Teamgeist. Der gemeinsame Weg ist das Ziel. Als Motivationsspritze dienen mir unvergessliche Momente der Sportgeschichte. 

 

Können Sie uns ein Beispiel nennen?
In einer Ansprache werde ich vielleicht vom Wunder von Neuenburg erzählen. In diesem verrückten Unihockey-WM-Halbfinal der Frauen 2019 lag die Schweiz gegen Tschechien zwei Minuten vor Schluss 2:6 zurück. Mit vier Toren innert 67 Sekunden schafften die Schweizerinnen den Ausgleich. In der Verlängerung krönte Michelle Wiki die Schweizer Aufholjagd mit dem 7:6.

 

Sie nehmen Ihre erste WM als Nationaltrainer in Angriff. Wie ist Ihre Gefühlslage vor dem WM-Start in der Stadthalle Sursee?
Ich freue mich sehr auf die WM und bin gespannt, wo wir nach zwei Jahren Corona-Pandemie stehen. Wir durften ein halbes Jahr lang nicht trainieren. Ich spüre eine gesunde Anspannung.

 

Unschweizerisch selbstbewusst sprechen die Veranstalter über den WM-Titel. Haben sie das Recht dazu – die Schweiz belegt in der Weltrangliste aktuell Platz 4?
Ja. Wie erwähnt, haben wir zweimal den Einzug in einen WM- respektive EM-Halbfinal nur ganz knapp verpasst. 2018 besiegten wir im WM-Gruppenspiel den übermächtigen Gegner Niederlande 5:4. Dieser Entwicklungsschritt gegen den mehrfachen Weltmeister war für uns sehr wichtig. Wenn Tagesform und Wettkampfglück stimmen, können wir Weltmeister werden. Wer den nötigen Ehrgeiz entwickelt, darf sich hohe Ziele setzen.

 

Ein Blick in die Kristallkugel: Wie wird die WM in Sursee das Powerchair Hockey in der Schweiz verändern?
In der Schweiz gibt es zahlreiche Kinder, Jugendliche und Erwachsene, die auf einen Elektrorollstuhl angewiesen sind. Viele dieser Menschen kennen das faszinierende Powerchair Hockey noch nicht. Ich wünsche mir, dass diese Menschen neugierig auf diese Sportart werden und ihr nach der WM zu einem Boom verhelfen. Ich hoffe aber auch, dass die zehn Schweizer WM-Cracks die restlichen 120 in der Schweiz Lizenzierten anstecken können, ihnen nachzueifern.

Zur Person

Daniel Pulver wurde am 7. April 1969 in Muri bei Bern geboren. Er ist in Gümligen aufgewachsen. Der gelernte Kaufmann und diplomierte Sportphysiotherapeut arbeitet mit einem 60-Prozent-Pensum als Fachlehrer Sport/Bewegung bei der Stiftung Schulungs- und Wohnheime Rossfeld. Sie fördert und unterstützt die berufliche und persönliche Integration von Menschen mit einer körperlichen Beeinträchtigung.

Bei der Schweizer Paraplegiker Vereinigung (SPV) ist Daniel Pulver seit Januar 2021 als Nationaltrainer des Swiss-Powerchair-Hockey-Teams angestellt. 

Er ist ebenfalls Cheftrainer des NLA-Klubs Rolling Thunder Bern.

Daniel Pulver betreut als Coach auch seine Ehefrau Isabelle. Sie ist eine bekannte Rennvelofahrerin im Ultra-Distanz-Bereich. 2015 gewann Isabelle Pulver das Race Across America (RAAM). 

In seiner Freizeit begeistert sich Daniel Pulver für Musik von Patent Ochsner und Hörbücher. Er wohnt in Ittigen.