Paul Emmering | Teammanager Schweiz und Skill-Trainer
«Wir wollen zum ersten Mal eine WM-Medaille gewinnen»
Der Ex-Weltmeister hat das Wort: Paul Emmering, deutscher Goldmedaillengewinner bei der WM 2010, spricht über seine Aufgabe im Swiss-Powerchair-Hockey-Team, seine Gefühlslage vor dem WM-Start gegen den amtierenden Weltmeister Italien und über den einst übermächtigen Gegner Niederlande.
Sie wurden 2010 mit Deutschland Powerchair-Hockey-Weltmeister. Nun sind Sie Teammanager und Skill-Trainer des Swiss-Powerchair-Hockey-Teams. Wie kamen Sie zu diesem Job? Paul Emmering: Nach dem Rücktritt aus dem deutschen Powerchair-Hockey-Nationalteam 2014 wollte ich mich auf die Bundesliga konzentrieren. Bei meinem Verein Torpedo Ladenburg (Stadt bei Heidelberg, die Red.) spielt auch die aktuelle Schweizer Nationalspielerin Veronica Conceição mit. Über sie lief der Kontakt zum Swiss-Powerchair-Hockey-Team, das Verstärkung im Trainerstaff suchte. Ich war begeistert von dieser Anfrage. Obwohl die Schweiz an der WM 2010 «abgeschossen» wurde, sah ich ungeachtet der Resultate enormes Potenzial nach oben. Seit 2016 stehe ich gerne bereit, mit meiner grossen Erfahrung einen kleinen Beitrag zu leisten, dass es aufwärts geht.
Was ist Ihre Aufgabe im Schweizer Nationalteam?
Vor der WM stellte ich als Skill-Trainer ein individuelles Trainingsprogramm zusammen. In Corona-Zeiten schickte ich den Spielern Technikübungen per WhatsApp. Sie erhielten verschiedene Aufgaben und Übungen mit dem Ball, die sie bewältigen sollten. Die Spieler haben mir dann Videos von ihren Trainingseinheiten übermittelt. So konnte ich Korrekturen zum Spielverhalten, zu Fahrwegen und Platzpositionen vornehmen. An der WM werde ich die Position des Teammanagers bekleiden. Ich werde an diversen Meetings teilnehmen und Spielern sowie dem Trainerstab organisatorische Arbeit abnehmen, damit sie sich ganz auf den sportlichen Wettbewerb konzentrieren können.
Am 9. August 2022 beginnt die Powerchair-Hockey-WM in der Schweiz. Wie ist Ihre Gefühlslage vor dem WM-Start gegen den amtierenden Weltmeister Italien in der Stadthalle Sursee?
Langsam steigt die Spannung. Ich freue mich riesig, dass das Schweizer Publikum in den Genuss einer Heim-WM kommen wird. Ich weiss aus eigener Erfahrung, dass sie ein Riesenerlebnis wird. Als Deutscher erinnere ich mich gerne an die WM 2014 in München zurück. In der Halle unterstützten uns nicht nur die Zuschauer:innen, sondern auch Freunde und Bekannte. Der Auftakt gegen den amtierenden Weltmeister Italien wird ein besonderes Spiel. Es ist nicht nur das Eröffnungsspiel, sondern für beide Teams eines der wichtigsten Spiele der Gruppenphase, da der Gewinner eine hervorragende Ausgangsposition für den Einzug in die WM-Halbfinals hat. Italien ist als Weltmeister leicht in der Favoritenrolle. Die Italiener haben aber einen neuen Trainer und einige neue Spieler, die sich erst noch beweisen müssen.
Sie wurden 2010 mit Deutschland Weltmeister, schossen im Final gegen die Niederlande in der 5. Minute der Verlängerung das Golden Goal. Zeigen Sie den Schweizer Spieler:innen in Sursee, wie sie weltmeisterlich auftreten können?
(schmunzelt) Ich werde es versuchen. Es gibt kein Wundermittel. Powerchair Hockey hat sich seit meinem WM-Titel 2010 stark verändert. Was jedoch gleich geblieben ist, sind die Tugenden, die es braucht, um ein grosses Ziel zu erreichen: Konzentration auf das Wesentliche; die nötige Lockerheit, um nicht zu verkrampfen und das Vertrauen in die Mitspieler:innen.
Was zeichnet Ihr Team aus?
Die Schweizer Auswahl hat enormes Potenzial, einen sehr guten Teamgeist und ist erfolgshungrig. Wir wollen zum ersten Mal eine WM-Medaille gewinnen.
Wer ist der gefährlichste Gegner auf dem Weg zum Titel?
Die Niederlande – Mutterland des Powerchair Hockeys.
Wie erklären Sie sich die Überlegenheit der Niederländer?
Die niederländische Liga ist die beste der Welt. Das technische Niveau dort ist unglaublich hoch. Seit den 1970er-Jahren legen die Niederländer grossen Wert auf diesen Bereich. Jeder Pass kommt bei ihnen punktgenau auf den Schläger, jeden Schuss bringen sie aufs Tor. In der Trainingsgestaltung wurden viele Ideen vom Landhockey übernommen und adaptiert. Diese olympische Sportart ist in den Niederlanden äusserst populär. Das Königreich gehört zu den erfolgreichsten Hockey-Nationen der Welt. In der Saison 2003/2004 spielte ich selbst einmal bei den GP Bulls Eindhoven in der niederländischen Liga und konnte mich dort selbst davon überzeugen.
Warum lohnt es sich, im August an der WM in Sursee live dabei zu sein?
Die Zuschauer:innen werden eine einzigartige Stimmung sowie faire und spannende Wettkämpfe erleben. Womöglich mit der Schweiz als Hauptdarstellerin. Wir fahren mit hohen Zielen an die WM und wollen nicht Sechster werden. Mit dem nötigen Wettkampfglück können wir den ganz grossen Wurf landen. Mit der Einführung der Klassifizierungsordnung 2016 (Die unterschiedlichen Beeinträchtigungen der Aktiven werden berücksichtigt. Es wird von 0,5 bis 4,5 Punkten klassifiziert. Es dürfen maximal 12 Punkte auf dem Feld sein, die Red.) ist die Weltspitze näher zusammengerückt. Die Niederlande haben den Nimbus des schier übermächtigen Gegners verloren, weil sie nicht mehr gleichzeitig zahlreiche 4,5-Punkte-Spieler einsetzen dürfen. Es gibt zwar einen Favoritenkreis von vier bis fünf Teams, aber mit Sicherheit kann niemand seriös voraussagen, wer letztendlich den Titel holen wird.